Eine Tasse Tee mit MECHTHILD SCHMIDER

Ich freue mich sehr, dass ich Oma überzeugen konnte, dass es unbedingt notwendig ist, dass sie zu Gast ist bei der Tasse Tee. Sie ist eine absolut lebendige Frau und Vorreiterin für vieles, was heutzutage „normal“ ist.

Sie hat schon ihren Kindern Tofu serviert (und manchmal gesagt es sei Fleisch), sich mit Bio- und Vollwertkost eingedeckt, die Kneippschen’ Gesundheitsregeln befolgt und immer ein Interesse an alternativen Heilmethoden und Naturheilpflanzen gehabt.

Sie geht laufen, schwimmen und ins Fitness – es darf immer etwas los sein, doch die Mittagspause von 12 bis 14 Uhr ist ihr heilig.

Vor einigen Jahren legte sie sich einen Laptop zu und lernte mit eifriger Mühe wie man Mails verfasst und verschickt, Einladungskarten designed oder an Zoom-Meetings teilnimmt.

Ich bin unendlich dankbar, eine so „open-minded“ und interessierte Oma zu haben, mit der man wunderbar tiefgründige Gespräche führen kann.

Ich wünsche dir viel Freude beim Lesen.

 

 

Oma, wenn du dich selbst in 5 Sätzen beschreiben dürftest, welche wären es?

Ich bin alt (weit im vorigen Jahrhundert geboren), aber ich fühle mich nicht so alt.

Ich bin durch und durch Optimistin.

Ich bin sehr begeisterungsfähig, entscheidungsfreudig und hilfsbereit.

Ich habe Ausdauer, trotzdem bevorzuge ich einfache Lösungen.

Ich organisiere gern.

 

Du warst schon immer aktiv und engagiert in deinem Leben – welches Lebensgefühl verbindest du damit?

Ja, ich habe immer vieles nebeneinander her gemacht. Kinderpflege und Erziehung, Altenpflege, Lesen war mir immer wichtig (ich habe eine große medizinische Abteilung im Bücherschrank). Außerdem habe ich viel genäht und gestrickt. Ich hatte das Glück in meinem Leben auch einige schöne Reisen machen zu können, z.B. nach Südamerika. Reisen und unterwegs sein ist wunderbar – das entspricht mir sehr.

Eine gute Zeit hatte ich zwischen meinem 70. und 80. Lebensjahr: ich war Vorsitzende eines Seniorenverbandes (ca. 200 Mitglieder) und durch unser Motto „Information – Bildung – Geselligkeit“ war vieles möglich und nötig. Ich habe Versammlungen, Ausflüge, Weihnachtsfeiern u.v.a. organisiert und viel Freude dabei gehabt. Damals habe ich auch den Umgang und das Arbeiten am PC gelernt. Auch für die eigene Großfamilie habe ich viele Feste vorbereitet und organisiert.

Mein Lebensgefühl ist fast immer positiv. Ich sehe bei jungen Menschen (25+) eine gute, andere Lebensperspektive, sie stellen andere Werte in den Mittelpunkt als wir damals in der Jugend. Das gefällt mir.

 

Vor vier Jahren hat dich eine Erkrankung aus dieser Aktivität zeitweise herausgerissen – was nimmst du aus dieser Phase mit?

Ich nehme mit, dass auch dunkle Stunden und schmerzhafte Zeiten ein Ende haben und durch Gespräche mit Freunden, Ärzten und Familie leichter durchzustehen sind. Lästig und zeitraubend sind noch die vielen Kontrollen und Nachbehandlungen. Ich bin mir sicher, auch diese Zeit geht rum und hat einen Sinn.

Was nehme ich noch mit: Ich möchte glauben (können), dass GOTT für jede und jeden das Beste will. Und ich tue mein Möglichstes, Körper und Geist gesund zu erhalten.

 

Hat diese Krankheit deine Einstellungen zum/ Vorstellungen vom Leben verändert?

Nein; das Leben ist schön und jeder Tag wichtig und wertvoll.

 

Wie sieht ein perfekter Tag für dich aus?

Nun, ganz perfekte Tage gibt es eigentlich nicht (mehr). Ich bin froh, wenn ich täglich meine Pflichten erfüllen kann. Ich habe es gern, wenn schon frühmorgens die Sonne scheint, wenn es nicht zu heiß wird, wenn ich schmerzfrei bin und gute Laune habe.

 

Was sind deine drei persönlichen Weisheiten, die du im Laufe deines Lebens gesammelt hast?

Dass alles Schlimme vergeht und dass ich Schmerzen schnell vergesse, wenn sie weg sind.

Dass das Schöne bleibt und immer wieder in Erinnerung gerufen werden kann und dass es immer auf mich selber ankommt – und dass ich selber für mein Glück verantwortlich bin.

 

Was wünschst du dir für unsere Erde?

Ich wünsche mir Frieden für die Welt und dass die Politik endlich Wege findet, alle Menschen gerecht zu versorgen und dass der Hass untereinander aufhört, dass jeder Mensch nicht nur an sich selber denkt, sondern das Wohl aller im Blick hat und dass die vielen Demonstrationen sachlich und friedlich bleiben. Und dass die Erde für uns und unsere Kinder und Enkel lebenswert bleibt.

 

Magst du noch etwas hinzufügen?

Unser kath. Gesangbuch Gotteslob ist eine wahre Fundgrube für das „Spirituelle“. Besonders liebe ich den Liedtext Nr. 458.

Für das Wort „selig“ kann man auch „gesegnet“ lesen.

 

Selig seid ihr, wenn ihr einfach lebt, selig seid ihr, wenn ihr Lasten tragt.

Selig seid ihr, wenn ihr lieben lernt, selig seid ihr, wenn ihr Güte wagt.

Selig seid ihr, wenn ihr Leiden merkt, selig seid ihr, wenn ihr ehrlich bleibt.

Selig seid ihr, wenn ihr Frieden macht, selig seid ihr, wenn ihr Unrecht spürt.

Selig seid ihr, wenn ihr Wunden heilt, Trauer und Trost miteinander teilt.

Selig seid ihr, wenn ihr Krüge füllt, Hunger und Durst füreinander stillt.

Selig seid ihr, wenn ihr Fesseln sprengt, arglos und gut voneinander denkt.

Selig seid ihr, wenn ihr Schuld verzeiht, Stütze und Halt aneinander seid.

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Kommentare: 3
  • #1

    Jessica (Donnerstag, 17 März 2022 11:49)

    Es ist so schön die Erfahrungen und Weisheiten deiner Oma (zumindest einen Ausschnitt davon) hier lesen zu dürfen. Danke, ich bin sehr berührt.

  • #2

    Nadine (Donnerstag, 17 März 2022 17:02)

    Wie wunderschön, gesegnet sei deine Oma und alle Menschen dieser Welt ❣️

  • #3

    Friedhilde (Freitag, 18 März 2022 19:26)

    Danke liebe Alexandra für diesen sehr schönen Beitrag. Ich bin froh, dass du deine Oma überzeugen konntest ; ) Wie genial wäre es, wenn es mehr solche mutigen und innovativen Menschen auf dieser Erde gäbe! Ich habe deine Oma schon immer bewundert..., und auch deinen Opa, für seine wertschätzende und wohlwollende Art. Mögen die beiden noch viele schöne gemeinsame Stunden verbringen dürfen. Dank an deine Oma, auch für den tröstlichen Liedtext. Alles Liebe